Guten Tag Katerfilou
Im Namen des Forums entschuldige ich mich, dass Sie in diesen Wochen der Abwesenheiten wegen Sportferien so lange auf eine Antwort warten mussten.
Sie schildern eine sehr anstrengende, um nicht zu sagen entmutigende Situation. Um so mehr freut es mich und danke ich Ihnen, dass Sie sich für diese Kinder und die Klasse engagieren, nach wie vor gerne unterrichten, Ideen für Projekte haben und sich zur Situation grundlegende Gedanken machen.
Sie schreiben, was Sie schon alles unternommen haben, und das ist eine Menge: Gespräche im Team, Elterngespräche, Projekte zur Gewaltprävention, jetzt sich einloggen im Forum;-). Also über längere Zeit viel Engagement verschiedener Personen im System…. und mittendrin sind einige Knaben, die sich nach wie vor nicht an Abmachungen / Regeln halten und kein angemessenes Verhalten zeigen.
_Gern schreibe ich Ihnen zu Stichworten in Ihrer Frage meine Gedanken:
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• Gut, dass Sie sich Hilfe geholt haben bei der Schulleitung. Es ist wichtig, dass die SL informiert ist und auch weiss, was schon alles unternommen wurde.
• Die SL führt jetzt auch Gespräche mit den Schülern, ein wichtiges Signal an die Kinder, dass die Lps und die SL gemeinsam dastehen und wollen, dass sich SuS adäquat verhalten.
• Einen Plan B haben: Dass die Schüler bei störendem Verhalten sofort mit ihrem Auftrag ins SL Büro wechseln (oder in eine andere Klasse) ist eine gute Lösung. Diese Intervention wird als (gut abgesprochene und vorbereitete) Sofortmassnahme recht oft eingesetzt. Das gibt Luft und die Lp bleiben handlungsfähig: die Klasse wird weiter gut unterrichtet, die verbleibenden Kinder können arbeiten und werden nicht durch störendes Verhalten der Mitschüler beeinträchtigt. Das kann sich über einige Tage oder Wochen ziehen, bis man als Team eine Strategie entwickelt hat und mit den Schülern passende Massnahmen/ Lösungen entwickeln kann.
• Anstehendes Skilager: Scheuen Sie sich nicht, den Worstcase durchzudenken: Das heisst: Regeln formulieren, die SuS darüber informieren, die Regeln im Vorfeld von den Eltern zur Kenntnis nehmen und- unterschreiben lassen. Diese Info enthält den Passus: Halten sich die Kinder nicht an die Regeln, werden die Eltern kontaktiert und das Kind muss gleichentags aus dem Lager abgeholt werden. Das will niemand, Sie als Lp nicht, die Eltern und die Kinder auch nicht. Doch manchmal ist eine harte klare Umsetzung einer Vorgabe notwendig.
• Dieses Vorgehen können Sie auch bei Ausflügen, Projekten oder Unternehmungen vorausschauend andenken: Wenn sich ein Kind auf einem Ausflug, auch bereits an der Bushaltestelle am Morgen, nicht an die Anweisung der Lp hält: Telefon an die erziehungsberechtigte Person und vereinbaren, wo das Kind abgeholt / übergeben wird.
• An dieser Stelle gibt das Volksschulgesetz auch klare Angaben. Ich weise darauf hin, weil manchmal vergessen geht, dass sich auch SuS, und nicht ausschliesslich Lehrpersonen, im Rahmen des Gesetzes bewegen. Art 28 und die folgenden Abschnitte können helfen, dass Sie als Schule / Lp sich auch ermächtigen, die notwendigen Massnahmen anzukündigen und durchzusetzen, um Ihren Auftrag gut erfüllen zu können. Kinder können nicht einfach machen, was sie wollen….
Art. 28 Disziplin, Massnahmen
1 Die Volksschule sorgt für einen geordneten Schulbetrieb und ein förderliches Lernklima. Die Schülerinnen und Schüler haben die Regeln der Schule für das Zusammenleben einzuhalten sowie die Anordnungen der Lehrerschaft und der Schulleitung zu befolgen.
• Kollektivstrafen: Das ist eine ganz schwierige und heikle Massnahme. Sie werden sich den Zorn der restlichen Kinder holen und auch den Unmut etlicher Eltern, die nicht bereit sind, dies zu akzeptieren. Das kann Ihre Position als Lp schwächen.
Dies sind Gedanken und Tipps zu Ihrer akuten Situation.
Längerfristig denke ich ergänzend:
Was fehlt diesen Knaben, was können sie noch nicht?
• Ihre Wut regulieren, ohne andere zu verletzen?
• Sich angemessen ausdrücken?
• Mit Frustration umgehen?
• Etwas Neues ausprobieren und üben?
• Misserfolge verarbeiten?
• Akzeptieren, nicht Chef zu sein?
Ben Furman und sein Programm «Ich schaff’s» setzt dort an: https://www.exlibris.ch/de/buecher-buch/deutschsprachige-buecher/ben-furman/ich-schaffs/id/9783896705006/ Mit Schülern (und dem Unterstützungssystem) wird in 15 Schritten eine Fähigkeit herausgearbeitet und geübt, die sie noch nicht können. Das ist ein lösungsorientierter Fokus auf Fehlverhalten und will mehr, als «etwas nicht mehr machen».
Pausengestaltung / Anfänge
• Die Frage, was eine gute, erholsame Pause ist, kann als Thema mit der ganzen Schule oder in der Klasse angegangen werden. Mit dem Kollegium wird das ein grösseres, spannendes Projekt werden mit offenem Ausgang.
Vielleicht wird die Klingel abgeschafft? Vielleicht gibt es keine 5-Minutenpausen mehr? Stattdessen Unterrichtsblöcke mit individuellen Pausen der SuS?
• In der Klasse schlage ich vor, den Tagesanfang anders zu machen:
Die Lp ist früh im Schulzimmer, wer in die Schule kommt, geht sofort ins entsprechende Zimmer und beginnt mit einer eigenen, leisen Arbeit. Im Grunde ist niemand im Gang, der Flur ist lediglich die Umkleide.
• Im Klassengespräch, zusammen mit dem Klassenlehrer, könnte man der Frage nachgehen, was und wie eine Pause / Übergang zwischen den Lektionen sein könnte, so dass kein Streit entstehen kann?
Wer braucht was? Wasser? Toilette? Etwas Essen? Bewegung? Ein Spiel?
Als Lp würde ich die Vorstellung weglegen, die Pause sei ein Moment, wo ich als Lp Pause habe und die SuS machen selber Pause. Diese Kinder scheinen grad in diesen Phasen des Tages Führung zu brauchen und Begleitung.
Sie als Lp können vielleicht versuchen, eine Lektion so zu planen und einzurichten, dass während des Unterrichts Zeit für Hinsetzen, Tee trinken und durchatmen möglich werden kann.
Bei diesen letzten Punkten ist vielleicht auch eine Antwort auf Ihre Frage zur Abgrenzung zu finden: Es ist wichtig und besser für das eigene Wohlbefinden, die genannten Schwierigkeiten im Team anzugehen. Zusammen an Themen zu arbeiten und gemeinsam hinzustehen ist ein starkes Signal an die SuS. So kann ich auch, wenn mein Unterricht an einem Tag zu Ende ist, heim gehen und darauf vertrauen, dass die anderen im Team weiterziehen und tragen.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Hinweisen Anregungen geben zu können.
Freundliche Grüsse
Niesen